Gott ist „der Umsonst“…
Lieber Schwestern und Brüder!
Wer ist Gott? – Diese Frage hat mich bisher mein Lebtag nicht losgelassen.
Und immer wieder komme ich zu neuen Einsichten, Erkenntnissen und auch Widersprüchen. Für mich ist klar: Gott ist größer als das, was in menschliche Worten in der Bibel gesagt wird. Unser Sprechen über Gott stößt immer an Grenzen. Ein für mich neues Bild von Gott hat mich in diesen Tagen sehr angerührt. Da dachte ich: Jetzt kann ich vielleicht eine Grenze etwas überschreiten:
Im Alten Testament, im Buch Exodus, lese ich, dass Mose auf einen Berg steigt, um Gott nahe zu sein (vgl. Ex 33,7ff.) Berge in der Bibel sind immer Metaphern, Bilder für die Nähe zu Gott. Dennoch muss Gott gleichzeitig herabsteigen. Das Hinaufsteigen reicht für Mose noch lange nicht hin, um in Gottes Nähe zu kommen. Doch auch in seiner Nähe bleibt Gott für Mose verborgen. Er begegnet ihm in einer Wolke. Da stehen Gott und Mensch gleichsam auf Du und Du. Mose macht eine Gotteserfahrung, in der Gott etwas von sich mitteilt.
Barmherzig ist er, sagt Gott als Erstes von sich. Auch gnädig nennt er sich. Gnädig ist, wer einem anderen wohlwollend begegnet und ihn großzügig beschenkt. Lateinisch heißt Gnade „gratia“. Davon kommt unser deutsches Wort „gratis“. Umsonst ohne Vor- und Gegenleistungen. Alles gratis. „Umsonst“ ist einer der Ur-Namen Gottes. Für ein Nichts, so leitet sich dieses Wort aus dem Mittelhochdeutschen ab. Für umsonst ist Gott für mich, für uns barmherzig. Ohne Vorleistung meinerseits, unsererseits… Er ist für umsonst da. Er ist „der Umsonst“! Sonst nichts und niemand.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr André Müller, Propst