Fronleichnam

So vertraut und traditionell das Fest, sein Name und sein Ritus befremden viele: An Fronleichnam geht es schließlich weder um den toten Körper Jesu noch um eine katholische Demonstration.
Sondern um das, was wir zum Leben brauchen. Und wen.

Ein morbid klingender Titel wurde dem wohl katholischsten aller Feste im Kirchenjahr gegeben: „Fron-Leichnam“. Das seltsame, missverständliche Wort legt die Vermutung nahe, es ginge um den toten Herrenleib. Gemeint ist aber der in der Kirche durch die Eucharistie lebendige Leib Christi.

Am 60. Tag nach Ostern feiern Katholiken das „Fest des heiligsten Leibes und Blutes Christi“. Allerdings wissen immer weniger Menschen, auch Katholiken, mit dem grundlegenden Gedankengut für dieses Ideenfest etwas anzufangen. Brot und Wein sollen Leib und Blut Christi darstellen, da kommt vielen schnell die Verballhornung der alten Wandlungsworte von „Hoc est Corpus“ („Das ist mein Leib“) zu „Hokuspokus“ in den Sinn. Dass dieser „Zauber“ dann noch feierlich draußen herumgetragen wird, das wird von vielen Zeitgenossen als Theater oder allenfalls als touristische Veranstaltung angesehen.

Jede Eucharistie ist eine Zumutung

Wir Menschen leben nicht von Speis und Trank allein, wir brauchen lebendiges Brot und lebendigen Wein. Jesus hat nicht umsonst gerade diese Symbole gewählt, um sich den Menschen begreiflich, geradezu genießbar zu machen. Er will uns so nahe sein wie Speise und Trank. Wir dürfen ihn in uns aufnehmen, essen und trinken.

Eine ungeheuerliche Vorstellung, jede Eucharistie ist eine Zumutung. Wir kommen mit dem Verstand kaum mit. Das Fronleichnamsfest will uns das Geheimnis Gottes nahebringen, persönlich nahe. Gott will nicht draußen bleiben, sondern jeden und jede von uns persönlich treffen. Es kommt nicht darauf an, dass wir die Eucharis­tie vor uns hertragen und ihr nachlaufen, sondern dass wir sie in uns tragen und wirken lassen. Es geht nicht um Machtdemonstration nach außen, nicht um den Beweis, wir „haben“ unseren Gott, sondern um das Lernen nach innen: Ich brauche ihn so nötig wie Essen und Trinken.

Die beste Prozession

Die Zahl der Teilnehmenden an traditionellen Prozessionen nimmt immer mehr ab, entsprechend der Zahl der aktiv am Gemeindeleben teilnehmenden Katholiken. Eine machtvolle Kundgebung katholischen Glaubenslebens, ein Triumphzug des eucharistischen Heilandes durch die Straßen des Alltags, ein Treuebekenntnis Tausender zum Glauben der Väter wie etwa vor hundert Jahren wird kaum noch daraus. Die beste Prozession im Sinne von „Aus-sich-Herausgehen“ ist die, wenn wir mit Gott in uns auf­einander neu zugehen und einander das Leben bereichern.

Im Grunde wissen wir im Tiefsten, wen und was wir zum Leben brauchen. Die heutige Sinngebung von Fronleichnam geht vom Bild des wandernden Gottesvolks mit Christus, dem „Brot des Lebens“, in der Mitte aus.

 

Herzlichst Ihr

André Müller, Propst

André Müller

Pfarrer
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