Bistum Essen: „Beziehungsleben hat keine Auswirkung auf den Arbeitsvertrag“ und „Generalvikare fordern bundesweite Reform des kirchlichen Arbeitsrechts“

Das Bistum Essen hat heute zwei Pressemittteilungen zur aktuellen Diskussion herausgegeben:

Ruhrbistum: Beziehungsleben hat keine Auswirkung auf den Arbeitsvertrag

In der Diskussion um die Kampagne #OutInChurch haben Bischof Overbeck und Generalvikar Pfeffer in einem Brief an rund 3800 Kirchenbeschäftigte und Religionslehrerinnen und -lehrer bekräftigt, dass im Ruhrbistum kein Beschäftigter wegen seines Beziehungslebens oder seiner sexuellen Orientierung berufliche Schwierigkeiten bekommt.

Egal ob in einer homosexuellen Ehe, als wiederverheiratete Geschiedene oder in einer Partnerschaft ohne Trauschein: Im Bistum Essen soll kein Beschäftigter einer katholischen Einrichtung wegen seines Beziehungslebens oder seiner sexuellen Orientierung berufliche Schwierigkeiten bekommen. Das haben Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck und Generalvikar Klaus Pfeffer jetzt in einem Brief bekräftigt, den in diesen Tagen rund 3800 Religionslehrerinnen und -lehrer sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bistumsverwaltung, in den Pfarreien, den Bischöflichen Schulen und der Katholischen Erwachsenen- und Familienbildung erhalten.

Vorschrift in der Grundordnung wird nicht angewandt

„Die sexuelle Orientierung, das Eingehen einer zivilen gleichgeschlechtlichen Ehe oder einer zivilen Wiederheirat bei bestehender kirchenrechtlich gültig geschlossener Erstehe darf keine arbeitsrechtliche Sanktion nach sich ziehen“, betonen Overbeck und Pfeffer und beziehen dies auf „alle Gruppen von kirchlichen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern, auch für die nicht geweihten pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie diejenigen, die mit einer ,missio canonica‘ oder einer besonderen bischöflichen Beauftragung ihren Dienst wahrnehmen“. Konkret sichern sie den Beschäftigen zu, dass das Bistum auf die Anwendung der sogenannten „Grundordnung“ im kirchlichen Arbeitsrecht verzichtet, wo diese in Beziehungen jenseits einer katholischen Ehe einen Loyalitätsverstoß beschreibt. Dies gelte „sowohl im laufenden Arbeitsverhältnis, als auch bei Einstellungen“. Zudem empfehlen Bischof und Generalvikar auch allen anderen Trägern katholischer Einrichtungen und Organisationen im Bistum Essen, sich dieser Praxis anzuschließen.

Bistum Essen will Kirchliches Arbeitsrecht reformieren

Die Essener Bistumsleitung betont, dass „wir eine ‚Kultur der Angst‘ überwinden wollen“, die man unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutlich wahrgenommen habe. „Wir wissen von vielen Leidenserfahrungen von Mitarbeitenden, wenn sie in ihrem privaten Leben die Ansprüche der kirchlichen Sexual- und Beziehungsmoral nicht erfüllen konnten oder wollten.“ Mitarbeitende seien dadurch „teilweise zu unwürdigen Lebensweisen gezwungen“ gewesen. „Unsere Kirche hat hier menschliches Leid verursacht und Schuld auf sich geladen“, schreiben Overbeck und Pfeffer. „Wir bedauern dies ausdrücklich im Blick auf unser Bistum Essen.“
Anlass für das Schreiben ist die ARD-Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ im Rahmen der Kampagne „#OutInChurch“. Mitarbeitende der katholischen Kirche aus dem gesamten Bundesgebiet hatten darin auf ihre Situation angesichts ihrer unterschiedlichen sexuellen Orientierungen aufmerksam gemacht. Bischof Overbeck und Generalvikar Pfeffer versichern, dass sie sich auch über das Bistum Essen hinaus für eine Überwindung der „Kultur der Angst“ einsetzen: „Es ist jetzt aber an der Zeit, dass wir in der katholischen Kirche in Deutschland diesen Zustand verbindlich und rechtssicher beenden“, betonen sie und verweisen auf einen entsprechenden Beschluss, den Anfang Februar die Synodalversammlung des „Synodalen Weges“ gefasst hat. „Auch unter den Generalvikaren und Bischöfen in Deutschland zeichnet sich eine Mehrheit ab, die eine Reform des Arbeitsrechtes zeitnah umsetzen will“, so Overbeck und Pfeffer. (tr)

Copyright: Thomas Ruenker, Bistum Essen – Bischöfliches Generalvikariat

Generalvikare fordern bundesweite Reform des kirchlichen Arbeitsrechts

Nach dem Brief an die Beschäftigten im Bistum Essen setzt sich Generalvikar Klaus Pfeffer auch bundesweit für eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts ein. In einem offenen Brief fordert er gemeinsam mit zehn weiteren Generalvikaren die deutschen Bischöfe auf, ab sofort in allen Bistümern auf arbeitsrechtliche Sanktionen in Zusammenhang mit der persönlichen Lebensführung zu verzichten.

Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer hat gemeinsam mit zehn weiteren Generalvikaren die deutschen Bischöfe aufgefordert, ab sofort in allen Bistümern auf arbeitsrechtliche Sanktionen in Zusammenhang mit der persönlichen Lebensführung zu verzichten. So solle ein Zustand beendet werden, der für viele Mitarbeitende „belastend und erniedrigend“ sei, schreiben die Chefs der Bistumsverwaltungen in einem offenen Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), den Limburger Bischof Georg Bätzing. Für das Bistum Essen hatten Generalvikar Pfeffer und Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck bereits am Freitag einen Brief an rund 3800 Beschäftigte in Bistumseinrichtungen, Pfarreien, der Katholischen Erwachsenen- und Familienbildung sowie an Religionslehrerinnen und -lehrer verschickt, in dem sie die entsprechenden Vorschriften in der Grundordnung katholischer Arbeitsverträge für das Ruhrbistum außer Kraft setzen.

„Unzählige Leidensgeschichten“ des kirchlichen Arbeitsrechts

In ihrem Schreiben an Bischof Bätzing nehmen die Generalvikare Bezug auf die Initiative #OutInChurch und auf die jüngste Synodalversammlung im Rahmen des „Synodalen Wegs“. Beide hätten dazu beigetragen, das Schweigen zu den unzähligen Leidensgeschichten, die das kirchliche Arbeitsrecht seit Jahrzehnten hervorrufe, zu überwinden. Gleichwohl erlebten Mitarbeitende der Kirche nach wie vor eine „,Kultur der Angst‘, die belastet, verletzt, diskriminiert und Menschen psychisch oder physisch krank werden lässt.“ Dabei gehe es nicht nur um homosexuelle und andere Mitarbeitende, „deren sexuelle Identität von einer Heteronormativität abweicht“. Betroffen seien auch zahlreiche Beschäftigte, die nach einer Ehescheidung eine neue standesamtliche Ehe eingegangen sind oder in einer außerehelichen Beziehung leben.

Kirche als angstfreien Raum erleben

Vor diesem Hintergrund betonen Pfeffer und die anderen Generalvikare: „Das Arbeitsrecht darf kein Instrument sein, um eine kirchliche Sexual- und Beziehungsmoral durchzusetzen, die derzeit ohnehin zur Diskussion steht und die komplexe Lebenswirklichkeit von Menschen außer Acht lässt. Unsere Mitarbeitenden müssen unsere Kirche als einen angstfreien Raum erleben und brauchen eine vollständige Rechtssicherheit, dass ihre Lehrerlaubnis und ihr Arbeitsplatz nicht von ihrer sexuellen Orientierung und ihrem privaten Beziehungsstatus abhängen.“

Die Generalvikare schreiben zudem, dass ihnen bewusst ist, wie schwierig es in der Deutschen Bischofskonferenz bei vielen Fragen ist, zu einvernehmlichen Entscheidungen zu kommen: „Deshalb empfehlen wir, dass alle Bischöfe, die zu einer solchen Änderung des Kirchlichen Arbeitsrechtes bereit sind, gemeinsam und mutig die nötigen Reformen für ihre Zuständigkeitsbereiche voranbringen.“
Neben Generalvikar Pfeffer haben den offenen Brief die Generalvikare von Berlin, Hamburg, Hildesheim, Limburg, Magdeburg, Münster, Paderborn, Speyer, Trier sowie vom Militärbischofsamt unterzeichnet.

Copyright: Thomas Ruenker, Bistum Essen – Bischöfliches Generalvikariat

 

Christoph Wichmann

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