Sex, Macht und Moral – wie sich die Kirche verändern muss
Ein schwuler Kirchenbeschäftigter, der sich die Anerkennung seiner Ehe wünscht, eine Gemeindeleiterin, die genauso taufen möchte wie ein Priester, und eine feministische Jugendpflegerin, die fehlende Gleichberichtigung zwischen Frauen und Männern kritisiert – bevor am kommenden Freitag der bundesweite Synodale Weg weitergeht, melden sich im Bistum Essen vier Projektgruppen mit Videos zu den Themen des kirchlichen Reformdialogs zu Wort. In sehr klaren und oft persönlichen Statements sprechen haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter aus dem Bistum Essen jeweils offene Fragen aus den Bereichen „Sexuelle Identitäten und Sexualmoral“, „Selbstverständnis des Weiheamts“, „Macht, Partizipation und Gewaltenteilung“ und „Geschlechtergerechtigkeit“ – Themen, die auch den Synodalen Weg auf Bundesebene bewegen. Am Freitag, 4. September, treffen sich die Delegierten des Synodalen Wegs zeitgleich zu fünf Regionalkonferenzen. Auch zehn Delegierte aus dem Ruhrbistum sind dann dabei.
Videos mit Kritik, Wünschen und konkreten Vorschlägen
In ihren Videos belassen es die Katholikinnen und Katholiken nicht bei reiner, durchaus provokanter Kritik, sondern machen auch konkrete Vorschläge für eine bessere Kirche. So solle die katholische Kirche „die Sexualmoral zu einer Beziehungsethik weiterentwickeln“. Entscheidend sein solle „die ehrliche Liebe zueinander, die ihren Ursprung immer in Gott hat“, erhofft sich etwa die Oberhausener Pastoralreferentin Sabrina Kuhlmann. Und in der Projektgruppe „Weiheamt“ betont Diakon Winfried Rottenecker aus Bochum: „Gottesdienste sind nicht für mich da, sondern sie dienen dazu, die groß zu machen, die sonst von allen klein gemacht werden“. Beim Thema „Macht“ plädieren die Sprecherinnen und Sprecher für Transparenz und externe Kontrolle – und aus der Projektgruppe „Geschlechtergerechtigkeit“ kommt der Wunsch nach einer Kirche, „die nicht nach dem Geschlecht, sondern nach der Berufung fragt“, so der Bochumer Priester und Diözesankurat der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG), Maximilian Strozyk.
Beitrag „Gute Besserung, meine Kirche“ im Bistumsmagazin BENE
Neben den Videos, haben sich vier Mitglieder der Projektgruppen unter der Überschrift „Gute Besserung, meine Kirche“ auch in der jüngsten Ausgabe des Bistumsmagazins BENE geäußert. Dort kritisiert zum Beispiel Schulseelsorger Gregor Lauenburger vom Mariengymnasium in Essen-Werden, „eine Art monastische Struktur“ in der Kirche und fordert, dass Macht geteilt werden müsse. Wie das konkret gehen kann, erarbeite gerade seine Projektgruppe. Und Stefan Ottersbach, Essener Priester und Bundespräses des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ): „Menschen, die ein Weiheamt innehaben, dürfen keine herausgehobene Klasse bilden!“
Projektgruppen als Konsequenz aus der Missbrauchs-Studie
Entstanden sind die vier Projektgruppen im Bistum Essen – wie der Synodale Weg – aus der Arbeit mit der sogenannten MHG-Studie, die Ausmaße und strukturelle Hintergründe des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Deutschland untersucht hat. Bischof Franz-Josef Overbeck hatte bereits Anfang 2019 angekündigt, dass es als Konsequenz aus der Studie – unabhängig davon, was nur mit den übrigen deutschen Diözesen oder der Weltkirche möglich ist –im Bistum Essen konkrete Handlungsoptionen geben soll.
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