Lust auf Veränderung

Im Interview erläutern Anja Küster (Mitglied im Pfarrgemeinderat und der Koordinierungsgruppe) und Propst Christoph Wichmann den aktuellen Vorschlag zum Votum, der nun von den Gremien der Pfarrei beraten wird.

 

Der Pfarreientwicklungsprozess läuft jetzt seit 1½ Jahren, wo stehen wir gerade im Prozess?

Wichmann:
Der Pfarreientwicklungsprozess sieht drei Phasen vor: SEHEN-URTEILEN-HANDELN. Wir haben die Phase SEHEN im Januar dieses Jahres abgeschlossen und bereiten nun das Pfarrei-Votum als Ergebnis der Phase URTEILEN vor. Dieses Votum wollen wir mit Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand Anfang Januar 2018 abstimmen und dem Bischof Mitte Januar vorlegen.

 

Wie hoch sind das Interesse und die Beteiligung der Gemeindemitglieder?

Küster:
Das Interesse am Prozess ist bei vielen sehr groß. Das merkt man in vielen Gesprächen, in denen sich Gemeindemitglieder nach dem aktuellen Stand und neuen Entwicklungen erkundigen. Beteiligung war an unterschiedlichen Stellen möglich und ist sehr unterschiedlich wahrgenommen worden. Einige engagieren sich von Anfang an fortlaufend in einer oder mehreren Gruppen, wie z. B. in der AG Pastoral oder der AG Kommunikation. Andere sind für einzelne Themen oder Arbeitsabschnitte dazugekommen. Insgesamt haben wir es, glaube ich, geschafft, eine recht breite Beteiligung innerhalb der Pfarrei zu erreichen.

 

Ziel aller Anstrengungen ist es, einen finanziellen und pastoralen Plan für die Zukunft der Pfarrei aufzustellen. Im Rahmen der Pfarreiversammlung am 10. Oktober wurde ein Vorschlag präsentiert (siehe Karten und Erläuterungen). Wie ist dieser Vorschlag entstanden?

Küster:
In der Finanz-AG ist eine grundlegende Bestandsaufnahme und Bewertung der Grundstücke und Immobilien sowie der Personalsituation erfolgt. Parallel dazu hat die Pastoral-AG sich mit der pastoralen Landschaft in der Pfarrei beschäftigt, um einen Überblick zu haben, wo und in welcher Form pastorales Leben bereits stattfindet und welche Entwicklungsmöglichkeiten wir sehen. In einem zweiten Schritt haben sich dann viele Menschen in unterschiedlichen Gruppierungen darüber Gedanken gemacht, wie sie sich die einzelnen Gemeinden und auch die Pfarrei als Ganzes im Jahr 2030 vorstellen, was Ihnen wichtig ist, welche Strukturen es geben muss, worauf vielleicht auch verzichtet werden kann. Diese Visionen wurden in so genannten M-Häusern anschaulich gemacht. Über 30 M-Häuser sind dabei entstanden. Es hat sich gezeigt, dass es einige zentrale Punkte gab, die in fast allen Entwürfen auftauchten, nämlich die Themen Begegnung, Spiritualität, Katechese, Musik, Jugend und auch die Mobilität. In der Pastoral-AG haben wir dann versucht, Rahmenbedingungen festzulegen, die wichtig sind, um diese zentralen Punkte auch wirklich dauerhaft in der Pfarrei verankern zu können.

Wichmann:
Uns ist es wichtig in den Quartieren zu bleiben – es wird in Osterfeld weder einen Kahlschlag noch einen Rückzug aus der Fläche geben. Neben der Pfarrkirche werden wir St. Antonius langfristig sichern. An den anderen Kirchorten werden wir eine gute Quartiersentwicklung initiieren, Partner und Investoren suchen und neue Standorte entwickeln. Wir planen keine Kirche abzureißen, doch werden wir Mehrfachnutzungen anstreben. Jetzt sind Kreativität und Innovation angesagt, damit wir uns noch stärker und attraktiver aufstellen.

 

Was ist die zentrale Idee hinter den Planungen? In einem Satz bitte.

Küster:
Wir wollen als Christinnen und Christen unbedingt in allen Quartieren präsent bleiben.

Wichmann:
Wir möchten Lust auf Veränderung machen und jetzt die Zukunft gestalten, damit wir eine starke christliche Gemeinschaft bleiben, die in die Gesellschaft strahlt.

 

Wie sind die Reaktionen auf dieses Szenario und was sind die nächsten Schritte?

Küster:
Das Szenario wurde ja auf der Pfarreiversammlung Mitte Oktober erstmals öffentlich vorgestellt. Es kamen sehr viele sachliche Nachfragen, die ein großes Interesse und eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und seinen vielfältigen Aspekten zeigten. Positiv wurde vor allem aufgenommen, dass wir uns aus keinem Quartier ganz zurückziehen und für viele Gebiete bereits gute Ideen für Entwicklungsmöglichkeiten bestehen. Natürlich wurden auch noch einmal Sorgen und Befürchtungen deutlich, aber es gab auch deutliche Zustimmung und sogar Lob für die geleistete Arbeit.

 

Worin liegen Chancen für eine positive Entwicklung?
Was sind die besonderen Herausforderungen und wo wird es schwierig?

Wichmann:
Veränderungen sind nie dankbar, da wir Gewohntes nur ungern aufgeben. Wir müssen uns also aufeinander zu bewegen, neu denken, kreativ die Zukunft gestalten. Wir haben ein tolles Angebot, daher bin ich auch sehr optimistisch, dass unser Aufbruch gelingt. Sicher ist aber auch, dass viele Gläubige ein Stück Heimat und einen Teil Ihrer Biografie verlieren werden, da gilt es gut zu begleiten und die Trauer ernst zu nehmen.

 

 

 

Was heißt es konkret für mich, wenn das Kirchengebäude in meiner Nähe nun blau-rot eingefärbt ist?

Wichmann:
Die blau-roten Orte sind unsere Entwicklungsquartiere. Hier versuchen wir, neue Orte der Begegnung zu schaffen, die nah bei den Menschen bleiben und unseren Haushalt nicht mehr belasten. Im Idealfall können die Kirchen weiterhin sichtbar im Stadtteil bleiben, doch in multifunktionaler Nutzung. Vielleicht werden wir dann sogar mal Mieter für einen Teilbereich einer Kirche – eine völlig neue Perspektive.

 

Wie geht der Prozess weiter, wie kann ich mich einbringen? Wo kann ich mich engagieren?

Wichmann:
Nach dem Votum am Ende des Jahres beginnt eigentlich erst die Arbeit. Wir müssen unsere Kirchorte neu denken, Partner und Investoren suchen. Es wird in den nächsten Jahren darauf ankommen, unsere Quartiere klug zu planen, da wird jeder kreative Kopf benötigt. Ich gehe davon aus, dass wir unterschiedliche Think Tanks gründen werden, die eine große Beteiligung sicherstellen.

 

Bitte vervollständigen Sie den Satz. Der Pfarrei-Entwicklungsprozess war ein Erfolg, wenn wir im Jahr 2025 …

Küster:
…unsere Ideen für die Gebäude und Grundstücke, für die die größten Veränderungen anstehen, auf den Weg bringen oder vielleicht sogar schon in Teilen umsetzen konnten.

Wichmann:
…besser aufgestellt sind als heute!